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Wer war Paul Roloff?

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Matthias Koch
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Wer war Paul Roloff? Empty Wer war Paul Roloff?

Di 28 Jan 2014, 00:17
Im Jahre 1975*, ich war 12 Jahre alt, wurde mir von einem Arbeitskollegen meines Vaters ein Buch geschenkt:

Feldbahnen von Baumeister Paul  Roloff; Band 5 der Bau-Trichter-Fachbuchreihe, Erich Schmidt Verlag, Berlin ; Bielefeld ; München 1950

Das war eines meiner ersten Eisenbahnbücher überhaupt. Feldbahnen hatte ich bis dahin noch nicht kennengelernt. Aber nur wenige Kilometer von meinem Zuhause entfernt gab es eine Ziegelei: Das Klinkerwerk Dreesen in Mönchengladbach-Rheindahlen. Da konnte ich leicht mit dem Fahrrad hinfahren, und hatte einen Feldbahnbetrieb vor Augen, wie es ihn heute nicht mehr gibt, und ein Ambiente, was auch durch ein Feldbahnmuseum kaum zu vermittelt wird.

*1975, das bedeutete: Kein Internet, kein Handy; Informationsbeschaffung und -austausch war "etwas" schwieriger als heute: Man musste Briefe schreiben und Bücher lesen! Basketball 


Einige Jahre später fand ich dann den Weg zum Feldbahnmuseum Oekoven, wo ich bis heute tätig bin. Den "Roloff" hatte ich für die Kollegen im Museum x-mal kopiert, und Kopien später auch an andere Feldbahnfreunde abgegeben. Der Verlag von Karl Paskarb brachte dann das Buch vor einigen Jahren als professionellen Nachdruck.

Fragen, die für mich lange Zeit unbeantwortet blieben waren:

  • Was waren denn die Bände 1-4?
  • Gab es noch Bände >5?
  • Was ist die Bau-Trichter-Fachbuchreihe?
  • Was ist überhaupt mit "Bau-Trichter" gemeint?


Auch die Informationen über den Autor waren (und sind) sehr spärlich. Im Vorwort zu "Feldbahnen" schreibt Paul Roloff über seine Beweggründe, das Buch zu schreiben. Das Vorwort passt aber nicht recht zum Buch: Er erwähnt im Vorwort einen Teil II, im Buch entspricht das dann wahrscheinlich dem Kapitel 5. (Solcher Nummernsalat zieht sich durch viele dieser Buchreihen.)

Neben der Ausgabe mit schwarzem Leineneinband...
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...gibt es wohl noch eine andere Ausgabe, oder wenigstens einen Schutzumschlag:
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Diese ist mir aber persönlich nicht bekannt.

Anfang 2014 konnte ich in einem Berliner Antiquariat ein Konvolut von Bau-Trichter Heften erwerben. Es handelt sich um die Hefte 1-60 aus den Jahren 08/1946 bis 1951. Die Hefte erschienen 1-2 monatlich. Die Hefte sind DIN A5, und jedes hat etwa 10-20 Seiten.

Text auf der Titelseite der ersten Ausgabe:

Bau-Trichter
Der Erfahrungsaustausch im Bauwesen
Anregungen zur Förderung des Wiederaufbaus
1. Lieferung
1. August 1946
Herausgeber: Erich Schmidt Verlag
Berlin W35 / Woyrschstrasse 30g*
bearbeitet von Baumeister Paul Roloff


*Die Woyrschstrasse heißt seit 1947 (wieder) Genthiner Straße und liegt im Bezirk Tiergarten, und gehörte damit zum britischen Sektor.

Schon in diesem Heft wurden Feldbahnthemen bearbeitet:

  • Warum wird immer noch "Überhand" geschaufelt?
  • Arbeitserleichterung durch Schrägstellen der Kippmulde
  • Und Lehrling Max erfindet was: Ein Mischer ohne Trommel!


Auf späteren Heften ist dann auch die Anschrift von Paul Roloff abgedruckt:
Potsdam-Nedlitz, Vogelweide 18 (sowjetische Zone).

In Heft 48 aus dem Jahre 1950 wird für den Band 6 (!) der Bau-Trichter-Fachbuchreihe geworben:

Im Juni erscheint:
Band 6 der "Bau-Trichter"-Fachbuchreihe
Roloff: Feldbahnen
DM/W 14,50
Dieses einzigartige Werk gehört auf jede Baustelle, in jede Berufsschule und in die Hände jedes Aufsichtsführenden...


Ebenfalls im Heft 48 findet sich ein Artikel "Sichere Arbeit bei der Verwendung von Muldenkippern" von Fr. Stahl, Themar/Thr. Viele der Leserzuschriften der Zeitschrift fanden dann den Weg in die Fachbücher.

Generell ist zu sagen, dass die Beiträge aus der Leserschaft aus ganz Deutschland kommen. Die Teilung Deutschlands/Berlins in Zonen/Sektoren scheint sich weder auf den Vertrieb der Zeitschrift, noch auf die Leserzuschriften Auswirkungen zu haben. Auch mein Exemplar des später noch erwähnte Ullstein-Buch von Paul Roloff aus dem Jahr 1957 wurde über eine Leipziger Buchhandlung vertrieben.

Das von mir erworbene Konvolut der Bau-Trichter-Zeitschrift ist mit "Hildegard Frank" namentlich gekennzeichnet. Und eine Hildegard Franke (Druckfehler?) inseriert ein einziges Mal in Heft 42 (Okt. 1949) mit dem Text:

Ihre Entwurfszeichnungen machen Ihnen sicher viel Arbeit, wenn Sie sie selbst fertigstellen. Schreiben Sie mir bitte, dann hole ich die Skizzen ab, ziehe sie sauber ab, und stelle sie Ihnen sofort wieder zu. Hildegard Franke, Berlin-Charlottenburg 5, Pestalozzistr. 54a

Eine Bauzeichnerin, die deshalb diese Zeitschrift abonniert hatte, und die durch Inserat 1949 Auftäge sucht?




Doch zurück zu Paul Roloff!

Das erste Mal als Autor tritt er mit Unfallverhütungs-Merkheften der Bau-Berufsgenossenschaft / Reichsunfallversicherung in Erscheinung. Dort wird er als Technischer Aufsichtsbeamter Baumeister Paul Roloff genannt. Die Merkhefte sind nicht datiert. Die Adresse der Bezirksverwaltung Wuppertal liegt aber schon in der Adolf-Hitler-Strasse; diesen Namen erhielt sie 1933. (Heute heißt die Strasse Friedrich-Engels-Allee.) Das älteste der mir bekannte Merkhefte schätze ich auf 1935. Ein Baumeister ist eine geschützte Berufsbezeichnung und ist in der Nähe eines Bauingenieurs/Architekten/Bautechniker anzusiedeln. Ein Baumeister, der technischer Aufsichtsbeamter wird, dürfte nicht jünger als 30 Jahre alt sein, damit wäre Paul Roloff vermutlich um 1900 herum geboren.

Weitere Autorenschaften finden sich in einer Buchreihe des Verlages der Deutschen Arbeitsfront, Ausgaben 1939 bis 1941. Die deutsche Arbeitsfront war die Organisation im NS-Staat, die die Funktionen der (verbotenen bzw. gleichgeschalteten) Gewerkschaften übernahm. Von Roloff verfasste Bände sind:

  • Gerüstbaufibel (1939)
  • Die Stahlbetonbaustelle Teil I und II (1939)
  • Die Stahlbetonbaustelle Teil III (1939)
  • Die Eisenbetonbaustelle Teil I und II (1941)
  • Die Eisenbetonbaustelle Teil III (1941)


1946 erscheint erstmalig die Bau-Trichter Zeitschrift.

Im Oktober 1949 meldete Paul Roloff zusammen mit Dr. Ing. H. Schmerse eine Technik zur Wiederherstellung von Deckenbalken in Brandruinen zum Patent an: Den Roloff-Schmerse´sche-Bau-Trichter-Balken; so seine etwas sperrige Benennung.

Ebenfalls 1949 begann die Herausgabe der Bau-Trichter-Fachbuchreihe:


  1. Band 1 Der Maurerlehrling
  2. Band 2 Der Zimmerlehrling
  3. Band 3 Die Stahlbetonbaustelle Teil 1 (4.Auflage, da scheint man die Schriften des Arbeitsfrontverlags fortgesetzt zu haben)
  4. Band 4 Die Stahlbetonbaustelle Teil 2 (1950)
  5. Band 5 Feldbahnen


Bei einigen Inseraten oder Bestellkarten war die Zählung anders. Weitere Bände dieser Reihe sind mir nicht bekannt. Nach 1951 endet die Bau-Trichter Reihe scheinbar sang- und klanglos beim Erich Schmidt Verlag.

Die letze mir bekannte Publikation, die Baumeister Paul Roloff als Autor nennt ist "Das Stahlrohrgerüst", Ullstein Fachverlag, Berlin, erschienen 1957.

Danach verliert sich Paul Roloffs Spur, jedenfalls im Augenblick...


Zusammengefasst kann man sagen, dass Paul Roloff ein Techniker war, der sich die Unfallverhütung auf Baustellen auf seine Fahne geschrieben hat. Weiterhin interessierte er sich für moderne Baumethoden, Rationalisierung im Baubetrieb, den Wiederaufbau Deutschlands und nicht zuletzt die Suche nach neuen Ideen. Ich bin gespannt, ob noch mehr herauszufinden ist.
Der Name der Zeitschrift scheint ein Allegorie zur Wissensvermittlung zu sein, so wie der Nürnberger Trichter; jmd. etwas "eintrichtern".

Was noch von Interesse wäre ist die Frage, ob Paul Roloff noch nach 1961 in Potsdam lebte, und ob er noch weitere Bücher verfasste. Es kann natürlich auch sein, er bereits vorher verstorben ist (Bei einem Geburtsdatum von vielleicht 1890 nicht ganz von der Hand zu weisen...) und das vielleicht auch die Ursache für die Einstellung der Zeitschrift und Fachbuchreihe war?

Der Erich Schmidt Verlag kennt diesen Teil der eigenen Verlagsgeschichte nicht (oder Interessiert sich nicht dafür). Das kam bei dem damaligen Lizenzerwerb für den Nachdruck von "Feldbahnen" deutlich zu Tage.


Ich hoffe, das war für Euch ein wenig interessant, auch wenn es nicht um Feldbahnloks oder zu bergende Loren ging  Very Happy 

Marcus Mandelartz

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Di 28 Jan 2014, 00:48
Hallo Marcus,
Danke für deinen tollen Beitrag.  Daumen hoch  Wem ich in das Telefonbuch von Wuppertal schaue stechen mir 2 Roloff´s ins Auge. Einmal ein Rechtsanwalt und dann ein Doktor Roloff (was immer der auch macht). Vielleicht wäre das mal eine Forschungsaufgabe für einen Ortsansässigen da mal was heraus zu bekommen. Was für Beweggründe hatte der gute Mann damals genau gehabt um dieses Buch zu machen usw. Oder es taucht selbst ein Bild von ihn auf. Wäre mal eine spannende Geschichte.
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Febalok
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Di 28 Jan 2014, 00:51
Da wäre das Telefonbuch von Potsdam das Richtige. Roloff hat dort gewohnt. Wuppertal war nur eine Bezirksvertretung der BG-Bau, die das Merkblatt, was er entworfen hat, herausgab...

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Di 28 Jan 2014, 00:55
Roloff Paul
Am Golfplatz 3, 14469 Potsdam Very Happy

Sein Sohn? Das gab es damals viel das der Sohn wie der Vater hieß.

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Febalok
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Di 28 Jan 2014, 00:59
2x Roloff in Potsdam
Ruf doch mal an!  Very Happy 
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Di 28 Jan 2014, 01:05
Febalok schrieb:2x Roloff in Potsdam
Ruf doch mal an!  Very Happy 

Ich denke du forschst nach den guten Paul. Dann lasse mal das Telefon in Potsdam klingeln.  Telefon 
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Di 28 Jan 2014, 08:21
Hallo Marcus,

sehr interessante Betrachtung und Aufarbeitung deutsch-deutscher Geschichte!!!  Arrow 

1957 war der Herr wohl auch noch aktiv...

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Grüße Sven K.
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dr
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Di 28 Jan 2014, 08:34
Nach dem 2. Weltkrieg sind ja eine ganze Reihe solcher Bücher, auch zu anderen Themen veröffentlicht worden. Ich habe dazu folgende These: Nach diesem Krieg ist mitsamt den Helden (oder besser: Armen Schweinen) sehr viel Wissen in fremder Erde geblieben. Durch Zerstörungen daheim sind auch sehr viele technische Unterlagen und Bücher usw. vernichtet worden. Es fehlte also an ausgebildeten Arbeitskräften und an entsprechender Literatur. Der zahlungskräftige Markt war also da. Hinzu kommt möglicherweise, daß einige oder mehrere der Autoren entweder dem Arbeitsalter entwachsen waren, oder aufgrund von Verletzungen nicht mehr arbeiten konnten. Und da konnten sie sich wenigsten hinsetzen und ihr Wissen und ihre Erfahrung aufschreiben.

Auch das hier sicher bekannte Buch Reichelt: Betriebskunde des Dieselmotors (Kennt jemand ein Exemplar des zweiten Bandes?) dürfte auf jeden Fall dem massiven Verlust von technischen Dokumentationen seine Existenz verlangen. Überall standen Motoren herum, die irgenwo her kamen und keiner wußte, wie sie zu warten und reparieren waren.

Viele Grüße

Rainer
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Di 28 Jan 2014, 11:30
Wieder ein Beitrag, der diesem Forum die nötige Würdig verleiht.

Gruß

FK

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feldbahnheini
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Di 28 Jan 2014, 14:21
Hallo zusammen,

vielleicht weiß ja das örtliche Stadtarchiv in Potsdam mehr zu seinem in der Feldbahnwelt berühmten Einwohner: [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]

Gruß

Wolfram

Außerdem lässt er sich noch mit vielen Publikationen in der DNB (Deutschen Nationalbibliothek) finden:
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